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Tagungsbericht Heidelberg 2008

Die diesjährige Arbeitskreistagung fand zusammen mit der Jahrestagung des European Research Network on Global Pentecostalism (GloPent) vom 31. Januar - 2. Februar in Heidelberg statt.

Das Tagungsprogramm begann mit dem Workshop des Arbeitskreises zu methodischen Fragen bei der Erforschung der Pfingstbewegung in aktuellen Projekten. Dr. Daniel Chiquete (Missionsakademie, Universität Hamburg) beschäftigte sich mit dem Insider/Outsider-Problem bei der Erforschung der Pfingstbewegung, und lieferte ein Plädoyer für ein Verständnis der Pfingstbewegung aus ihr selbst heraus. Diese Fragestellung, wie das pfingstliche Selbstverständnis wissenschaftlich eingeholt werden kann, ohne es einerseits selbst zu unterlaufen oder andererseits den wisseworkshopnschaftliche Anspruch aufzugeben, bestimmte die Diskussion in weiten Teilen des Workshops. Dr. Paul Schmidgall und Dr. Carl Simpson (beide Europäisches Theologisches Seminar Freudenstadt-Kniebis) präsentierten aus ihren Forschungen zu den Anfängen der Pfingstbewegung in Deutschland, mit der Fragestellung der genauen Bestimmung der Anfänge sowie der Rekonstruktion früher Prägungen. Jörg Haustein (Universität Heidelberg) beschäftigte sich sowohl mit historischen Methoden als auch dem Insider/Outsider-Problem, in der Präsentation seines Versuchs, die Geschichtsschreibung der äthiopischen Pfingstbewegung als Diskurs zu verstehen, und diesen auf seine Entstehungsbedingungen und Funktionsweisen zu befragen. Dr. Moritz Fischer stellte am eigenen Projekt zur Transkulturellen Performanz bei 'FEPACO' die Arbeitsschritte zur Auswahl und Abgrenzung seines Forschungsgegenstandes, unter Erwägung wissenschaftstheoretischer und methodischer Fragen. dar Daniel Frei (Universität Zürich) trug seine Erfahrungen bei der Auswertung narrativer Interviews zu Forschungen in Chile vor, und stellte dabei das Verhältnis von Theorie und Methode bei der Gewinnung von Forschungsergebnissen zur Diskussion. Prof. Dr. Heinrich Schäfer (Universität Bielefeld) präsentierte schließlich ein Modell der Anwendung der Theorien Pierre Bourdieus auf Forschungen zur Pfingstbewegung, illustriert an seinen Erfahrungen in Lateinamerika.

Die anschließende GloPent-Tagung versammelte Beiträge aus Ethnologie, Religionswissenschaft, Gender-Studies, systematischer und praktischer Theologie. Diese Tagung war die letzte einer dreigliedrigen interdisziplinären Tagungsreihe zu Theorie und Methode bei der Erforschung der Pfingstbewegung, deren Ergebnisse Anfang 2009 in einer gemeinsamen Publikation veröffentlicht werden.

Prof. Dr. Birgit Meyer (Vrije Universiteit Amsterdam) beschäftigte sich mit dem Zusammenhang zwischen Pfingstbewegung und Globalisierung, und argumentierte dabei gegen eine Engführung der Weberschen Protestantismus-These. An Stelle dieser trat sie für eine genauere Untersuchung der Pfingstbewegung als globale und post-moderne Religion ein, exemplifiziert durch ihre Hinwendung zu mehreren zentralen Themen bei der Erforschung der Pfingstbewegung: die Imagination von Welt, Konzeptualisierung von Raum und Zeit, Bezogenheit auf Materialität, Nutzung von Medien, Ästhetik und Stil.

bergunderProf. Dr. Allan Anderson (University of Birmingham) and Prof. Dr. Michael Bergunder (Universität Heidelberg) diskutierten die Frage nach der Definition des Forschungsgegenstandes Pfingstbewegung. Anderson lieferte einen Überblick über sozialwissenschaftliche, historische und theologische Definitionsversuche, und plädierte für eine inklusive Definition, die als Zentrum der Pfingstbewegung die Erfahrung des Geistes und die Anwendung geistlicher Gaben postuliert. Bergunder präsentierte einen programmatischen Versuch, die Frage nach der Definition von kulturwissenschaftlichen und postkolonialen Theorien her neu zu bestimmen und die Pfingstbewegung dabei als ein globales diskursives Netzwerk zu verstehen, das selbst immer wieder neu seine Grenzen und Zentren bestimmt.

Prof. Dr. Veli-Matti Kärkkäinen (Fuller Theological Seminary und Universität Helsinki) fokussierte seine Präsentation zur systematischen Theologie auf Beiträge pfingstlicher Theologen zur Pneumatologie. Er verwies auf die Vielseitigkeit pfingstlicher Theologien und zeigte ihre Kontributionen zur etablierten Theologie sowie ihre Besonderheiten auf, wobei er zugleich die Spannung zwischen dem Verständnis des Geistes in pfingstlich/charismatischen Pneumatologien und seiner untergeordneten Rolle in pfingstlicher Soteriologie und Theologie der Religionen hervorhob.

bruscoProf. Dr. Elizabeth Brusco (Pacific Lutheran University) befragte neuere Untersuchungen zur Pfingstbewegung mit einer Gender-Studies-Perspektive, insbesondere im Hinblick auf die Angemessenheit der Repräsentation von Frauen in der Pfingstbewegung. Sie plädierte für ein Aufgeben der Marginalisierungs-Hypothese, indem die Handlungsmacht und die Werte pfingstlicher Frauen stärker in den Blick genommen werden, und Konversion so als eine Verbindung verschiedener Prozesse betrachtet wird, in denen die Geschlechterrollen, Familienbeziehungen und persönliche Identität neu verhandelt werden. Somit sind pfingstliche Frauen auch eine Herausforderung für westliche Feminismus-Theorien, da die von ihnen ausgelösten Transformationen sich primär auf häusliche und nicht auf öffentliche Zusammenhänge beziehen.

Dr. Mark Cartledge (University of Birmingham) präsentierte einen umfassenden Review pfingstlicher Beiträge zur praktischen Theologie, die er in die drei Kategorien Pastoraltheologie, Befreiungstheologie und empirische Theologie sortierte. Er zeigte auf, dass die meisten praktisch-theologischen Beiträge von pfingstlich/charismatischen Theologen an Bibelschulen erstellt werden und sich daher vorrangig für Pastoraltheologie interessieren. Damit sich praktische Theologie im Bereich der Pfingstbewegung stärker entwickeln kann, müsse sie sich jedoch stärker mit befreiungstheologischen und empirischen Zugängen auseinandersetzen.

Diese Präsentationen wurden durch Korreferate von Dr. Stephen Hunt (University of the West of England), Prof. Dr. André Droogers (Vrije Universiteit Amsterdam), Prof. Dr. Friederike Nüssel (Universität Heidelberg), Prof. Dr. Heinrich Schäfer (Universität Bielefeld) und Prof. Dr. Ulrich Duchrow (Universität Heidelberg) begleitet und einer kritischen Diskussion zugeführt.

Die Forschergruppe des  GloPent/NORFACE Forschungsprojekts “Transnational Nigerian Pentecostal Churches, Networks and Believers in Three Northern Countries: Migrant Churches as a Potential and Potent Social Force”, bestehend aus Dr. Richard Burgess, Dr. Kim Knibbe und Anna Quaas, gaben einen ersten Überblick ihrer Arbeit der letzten zehn Monate und stellten ihre vorläufigen Ergebnisse der Untersuchungen in Großbritannien, den Niederlanden und Deutschland vor.

Dr. Linda van de Kamp, Gerald King und Claudia Währisch-Oblau demonstrierten die Bandbreite gegenwärtiger Forschungen im European Research Network on Global Pentecostalism mit ihren Präsentationen der Projekte “Transnational Dimension of Brazilian Pentecostal Churches in Mozambique” (van de Kamp), “Fundamentalist-Pentecostal Relations in the US fom 1900-1943” (King) und “Migrants with a Mission” in Germany (Währisch-Oblau).

teilnehmerDie Tagung in Heidelberg versammelte ca. 90 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus acht europäischen Ländern und den USA sowie aus verschiedenen sozialwissenschaftlichen und theologischen Disziplinen. Die beachtliche Resonanz und die regen Diskussionen machten einmal mehr deutlich, dass der Interdisziplinäre Arbeitskreis Pfingstbewegung und das European Research Network on Global Pentecostalism mit ihrem starken interdisziplinären Fokus wichtige Foren für akademische Forschungen zur weltweiten Pfingstbewegung sind.

Die nächste Tagung des Interdisziplinären Arbeitskreises Pfingstbewegung wird voraussichtlich Ende März 2009 stattfinden und beschäftigt sich mit historischen und theologischen Perspektiven zur "Berliner Erklärung", die sich 2009 zum 100. Male jährt. Die nächste GloPent-Jahrestagung wird voraussichtlich im Februar 2009 in Birmingham veranstaltet.

Zuletzt verändert: 28.05.2008 10:27